... vom anders sein und bleiben!
Du bist viel zu sensibel
Als ich wieder einmal eine dieser stürmischen und schlaflosen Nächte mit Grübeln und Nachdenken verbrachte und nach meinem vertrauten, nächtlichen 3-Uhr-Kaffee wieder ins Bett kroch, blieb meine rotierende Gedankenwelt, wie so oft in den letzten Monaten, an einer mich ständig quälenden Aussage hängen. Eine Äußerung, die ich schon so oft zu hören bekam: "Du darfst das alles nicht so an dich heran lassen, du bist viel zu sensibel, du musst härter werden". Oh man, wie oft mich dieser Satz schon ganz nah an die Schwelle innerer Verzweiflung brachte - "... du musst härter werden ..." - grausam, ich hasste diesen Satz.
Immer wie die breite Masse
Warum sollte ich überhaupt härter werden? Warum werden die anderen um mich herum, die mich ständig kritisieren, nicht ein bisschen sensibler oder feinfühliger? Warum legt man mir, eine nach meinem Empfinden positiv zu deutende Charaktereigenschaft als vermeintlich negativ aus? Vielleicht ist es ja auch so, dass meine Verhaltenskritiker viel lieber sensibler wären, es aber einfach nicht ausleben und zeigen können? Aber nur weil die breite Masse nicht in der Lage ist, gefühlvoll und empfindsam miteinander umzugehen, soll ich mich anpassen und härter werden? Bestimmt nicht! Dann schwimme ich lieber weiter gegen den Strom, in Richtung meiner ganz persönlichen Quelle des Wesentlichen.
Nachdem ich mich intensiv mit dieser Thematik beschäftigt und für mich herausgefunden habe, dass ich in Richtung "hochsensibel" tendiere, kann ich mit meiner gegenwärtigen Situation wesentlich besser umgehen. Dass ich Reize, Sinne und menschliche Empfindungen sehr intensiv wahrnehme und darüber hinaus über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn verfüge, bildet für mich auch weiterhin keine Grundlage, von meinen Verhaltensstrukturen abzulassen, mich in meiner Persönlichkeit zu verstellen oder mich für andersdenkende Menschen zu verändern. Das ist meine Person, das ist mein Wesen, das ist mein Charakter und ich werde auch weiterhin mein Bewusstsein und meinen Verstand frei entfalten und in meinem authentischen Leben auch weiterhin bestehen.
Mehr Menschen mit feinfühliger Wahrnehmung
In meinen Augen verlangt unsere moderne und fortschrittliche Welt mehr denn je nach wegweisenden, sensiblen Menschen mit feiner Wahrnehmung und achtsamen Verhaltensweisen. Gerade heute, in einer von Gefühlskälte durchzogenen und durch Rastlosigkeit und Schnelllebigkeit geprägten Zeit, empfinde ich die Gegenwart feinfühliger Menschen um mich herum als wahre Bereicherung unserer Gesellschaft.
Manchmal wünsche ich mir auch, mehr im gegenwärtigen Augenblick verweilen zu können, als ständig von Gefühlsempfindungen und Gedankenketten dominiert zu werden. Auf der einen Seite ist es äußerst spannend und inspirierend, diese Andersartigkeit zu (er)leben und sich seiner Achtsamkeit füreinander bewusst zu werden. Andererseits sind es jedoch auch sehr energieraubende und enorm belastende Alltagssituationen, die es tagtäglich zu bewältigen gilt.
Und ich bleibe so!
Nachdem ich mir meiner gegenwärtigen Situation nach langer Zeit des Nachdenkens schließlich bewusst geworden bin, fühle ich mich etwas wohler in meiner Haut, lerne damit umzugehen und erarbeite für mich entsprechende Bewältigungsstrategien, die mich bei meinen intensiven Reizwahrnehmungen und den zugehörigen Reizverarbeitungen unterstützen.
Auch wenn ich oftmals als zart besaitet, dünnhäutig oder zu nah am Wasser gebaut bezeichnet werde, ist es ein äußerst wertvoller Persönlichkeitscharakter, den es für mich zu erhalten und auszuleben gilt - leben zwischen Reizen. Und genau deshalb habe ich für mich entschieden:
Ich bleibe wie ich bin, denn alle anderen gibt es schon!